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05.01.2022

Allgemeinverfügung des Landkreises Schaumburg über die Pflicht zum Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen für Teilnehmende bei Versammlungen i.S.v. Art. 8 GG

Online gestellt und somit veröffentlicht am 05.01.2022

Der Landkreis Schaumburg erlässt gemäß § 8 Abs. 1 Niedersächsisches Versammlungsgesetz (NVersG) vom 7. Oktober 2010, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20.05.2019 (Nds. GVBl. S. 88) in Verbindung mit § 7c Niedersächsische Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten vom 23.11.2021 (Nds. GVBl. S. 770) in der derzeit geltenden Fassung (Niedersächsische Corona-Verordnung) in Verbindung mit §§ 28 Abs. 1 Satz 1 sowie § 32 Infektionsschutzgesetz (im Folgenden: IfSG) in Verbindung mit § 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) in Verbindung mit § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG); § 3 Abs. 1 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG), §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Niedersächsisches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD) folgende Allgemeinverfügung:


1. Die Teilnehmenden, Leitenden sowie Ordnerinnen und Ordner bei Versammlungen unter freiem Himmel i.S.v. Art. 8 GG auf dem Gebiet des Landkreises Schaumburg – mit Ausnahme des Gebietes der Stadt Rinteln - sind verpflichtet, eine Atemschutzmaske mindestens des Schutzniveaus FFP2, KN 95 oder eines gleichwertigen Schutzniveaus zu tragen. Dies gilt bei nicht angezeigten Versammlungen im Sinne des § 2 NVersG.

Hiervon ausgenommen sind Personen, für die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Vorerkrankung, zum Beispiel einer schweren Herz- oder Lungenerkrankung, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht zumutbar ist und die dies durch ein ärztliches Attest oder eine vergleichbare amtliche Bescheinigung glaubhaft machen können, und Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres. Dies ist gegenüber polizeilichen Einsatzkräften vor Ort auf Verlangen durch ein ärztliches Attest oder eine vergleichbare amtliche Bescheinigung unter Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises glaubhaft zu machen.

Kinder zwischen dem vollendeten 6. Lebensjahr und dem vollendeten 14. Lebensjahr dürfen anstelle einer medizinischen Maske eine beliebige andere geeignete textile oder textilähnliche Barriere, die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln durch Husten, Niesen und Aussprache verringert, unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie, als Mund-Nasen-Bedeckung tragen.

2. Diese Allgemeinverfügung ist gem. § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar.

3. Diese Allgemeinverfügung gilt mit dem auf ihre Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben. Die Allgemeinverfügung gilt bis zum Zeitpunkt ihrer Aufhebung, jedoch längstens bis einschließlich zum Ablauf des 15.01.2022. Eine Verlängerung, Abänderung oder vorzeitige Aufhebung bleibt vorbehalten.


I. Begründung

1. Zu Ziff. 1

Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 8 Abs. 1 NVersG. Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung unter freiem Himmel beschränken, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.

In der Gefährdungsbewertung der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg vom 04.01.2022 wurde festgestellt, dass sich Teile der Bevölkerung zu sog. „Spaziergängen“ verabreden, um sich - häufig unter Missachtung der derzeit geltenden rechtlichen Bestimmungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie – im öffentlichen Raum zu treffen, um gegen die im Zusammenhang mit der Corona-Bekämpfung erlassenen Regelungen ihre Meinung kundzutun. Diese Aktionen, zumeist in fortbewegender Form, werden als Versammlungen i.S.d. § 2 NVersG bewertet und als solche behandelt. Sie finden schwerpunktmäßig montags statt, wenngleich zunehmend auch an anderen Wochentagen Versammlungen durchgeführt werden. Gleichzeitig werden bei diesen Versammlungen überdurchschnittlich viele Verstöße gegen Hygieneschutzvorgaben begangen.

Im Landkreis Schaumburg findet mindestens seit dem 13.12.2021 an unterschiedlichen Wochentagen in verschiedenen Ortschaften eine Vielzahl an versammlungsrechtlichen Aktionen statt.

Die zumeist über die sozialen Medien öffentlichkeitswirksam organisierten Veranstaltungen wurden nicht nur örtlich begrenzt durchgeführt, sondern nahezu kreisweit. So registrierte die Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg Mobilisierungsaktionen bislang in den kreisangehörigen Kommunen Bückeburg, Obernkirchen, Rinteln, Stadthagen, Bad Eilsen, Bad Nenndorf, Rehren/Auetal, Rodenberg und Sachsenhagen. Die Versammlungen umfassten bis zu 300 Teilnehmende.

Es wurde beobachtet, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch nach entsprechendem Hinweis der Polizei ganz überwiegend keine Mund-Nasen-Bedeckung getragen haben und auch das Abstandsgebot nicht durchgängig eingehalten wurde.

Die Stadt Rinteln ist selbst Versammlungsbehörde. Daher kann der Landkreis Schaumburg zuständigkeitshalber keine Allgemeinverfügung auf Grundlage des Versammlungsrechts für das Stadtgebiet Rinteln treffen.

Da zahlreiche Versammlungen unterschiedlicher Veranstalterinnen und Veranstalter im Zuständigkeitsbereich des Landkreises Schaumburg stattfinden, sind diese Regelungen als Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 VwVfG zu treffen. Damit wird sichergestellt, dass die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Vorfeld jeder und jedem Teilnehmenden bekannt sind.

Die oben beschriebenen Versammlungen auf dem Gebiet des Landkreises Schaumburg werden ganz überwiegend nicht bei der zuständigen Versammlungsbehörde angezeigt. Ein Versammlungsleiter hat sich bei den nicht angezeigten Versammlungen auf Ansprache durch die Polizei bislang in keinen Fall zu erkennen gegeben. Daher kann weder die Versammlungsbehörde noch die Polizei den Infektionsschutz in einem Kooperationsgespräch thematisieren und somit auch nicht sicherstellen. Um dennoch in der aktuellen Infektionslage ein Mindestmaß an Infektionsschutz bei allen Versammlungen zu regeln, ergeht diese Allgemeinverfügung.

Öffentliche Sicherheit im Sinne des § 8 Abs. 1 NVersG umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen.

Dabei kann sich eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auch aus anderweitigen gravierenden Gefahren für hochrangige Schutzgüter wie Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 GG) oder die Aufrechterhaltung des öffentlichen Gesundheitssystems im Falle einer Pandemie durch ein hochansteckendes Virus mit einer hohen Anzahl schwerer Erkrankungsverläufe ergeben (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Juni 2020  – 11 ME 139/20 –, Rn. 17, juris).

Eine unmittelbare Gefährdung setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit gegenüberstehenden Rechtsgüter führt. Zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Allgemeinverfügung liegen erkennbare Umstände vor, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Hierfür liegen nachweisbare Tatsachen als Grundlage der Gefahrenprognose vor.

Nach § 7c der Nds. Corona-Verordnung hat die Veranstalterin oder der Veranstalter einer Versammlung unter freiem Himmel nach Artikel 8 des GG durch geeignete Maßnahmen den Schutz vor Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 sicherzustellen. Solche Maßnahmen sind neben den allgemeinen Hygienemaßnahmen, wie der Wahrung des Mindestabstandes sowie der Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung, insbesondere weitere verhältnismäßige Schutzmaßnahmen, die als geeignetes Mittel dienen, die Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln zu verringern. Die zuständige Versammlungsbehörde kann zum Schutz vor Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 die Versammlung auf der Grundlage des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes beschränken.

Das Robert Koch-Institut hat seine Risikobewertung bezüglich COVID-19 am 21.12.2021 angepasst. Es schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Ursächlich hierfür sind das Auftreten und die rasante Verbreitung der Omikronvariante, die sich nach derzeitigem Kenntnisstand deutlich schneller und effektiver verbreitet als die bisherigen Virusvarianten. Auf Grund der aktuellen Verbreitung der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 ist damit zu rechnen, dass das Infektionsgeschehen in Deutschland innerhalb kürzester Zeit durch diese besorgniserregende Variante bestimmt sein wird. Dadurch kann es zu einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle und einer schnellen Überlastung des Gesundheitssystems und ggf. weiterer Versorgungsbereiche kommen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html; zuletzt abgerufen am 03.01.2022).

Der Inzidenzwert pro 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen (7-Tages-Inzidenz) im Landkreis Schaumburg ist mit einem Wert von 181,8 (Stand: 05.01.2022) vergleichbar mit anderen Landkreisen in Niedersachsen. Die 7-Tages-Inzidenz im Landkreis Schaumburg steigt derzeit wieder an.

Auch das RKI weist seit Tagen darauf hin, dass die Daten aufgrund geringer Test- und Meldeaktivitäten während der Feiertage ein unvollständiges Bild abgeben können und daher der Wert der Inzidenz sehr viel höher liegen könnte.

Die rasante Verbreitung der Omikron-Variante ist auch im Landkreis Schaumburg wahrzunehmen. So wurden die ersten Fälle am 15.12.2021 gemeldet. Bereits am 05.01.2022 wurde bei 100 infizierten Personen die neuartige Variante nachgewiesen. Die Fälle verdoppeln sich daher derzeit innerhalb von drei bis vier Tagen. Damit ist ein stetig anwachsender Anstieg der Verbreitung festzustellen. Eine sehr starke Verbreitung der Omikron-Mutante auch im hiesigen Kreisgebiet ist daher offensichtlich.

Die übrigen Leitindikatoren der Nds. Corona-Verordnung stellen sich wie folgt dar: die landesweite Hospitalisierungsrate beträgt 4,6 % (Stand 05.01.2022) und liegt damit seit Weihnachten 2021 konstant über 4%. Die landesweite prozentuale Intensivbettenbelegung mit COVID-19 Patienten beträgt 7,4% (Stand 05.01.2022). Sie ist heute seit Weihnachten 2021 erstmalig unter 8% gesunken. Bei der kurzen Verdopplungszeit der Omikron-Variante ist jedoch schon im Januar 2022 mit einem sehr starken Anstieg der Gesamtzahl der Infizierten zu rechnen, so dass die Intensivbettenbelegung in der Folge wieder zunehmen wird. 

In der Zeit vom 24.12.2021 bis zum Ablauf des 15.01.2022 gilt in ganz Niedersachsen die sog. Weihnachts- und Neujahrsruhe und damit Warnstufe 3. Damit sind einige zusätzliche Kontaktbeschränkungen verbunden. Ziel ist es, möglichst viele Menschen in Niedersachsen noch mit einer Auffrischungsimpfung zu versorgen, bevor die Omikron-Variante sich in Niedersachsen verbreitet. Denn es ist nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen mit einer erhöhten Reproduktionsgeschwindigkeit der Omikron-Variante zu rechnen. Oberstes Gebot ist es weiterhin, die Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu schützen und die Überlastung des Gesundheitssystems, insbesondere der Intensivstationen in unseren Krankenhäusern, zu verhindern. Spätestens Anfang 2022 ist von einer neuen Welle durch die Omikron-Variante auszugehen. Auch und gerade hierfür ist es hilfreich, wenn durch eine Anordnung einer Maskenpflicht im v.g. Sinne die Inzidenz und die Intensivbettenbelegung reduziert werden kann, so dass für neue Fälle mehr Reserve bleibt. Auch wird dies dazu beitragen, die Omikron-Welle etwas nach hinten zu verschieben. Durch die zusätzlichen Maßnahmen soll verhindert werden, dass aus dieser Situation eine ganz neue Dynamik des Infektionsgeschehens entsteht. Laut Pressemitteilung des Krisenstabes des Landes Niedersachsen vom 04.01.2022 könne es bereits im Laufe dieser Woche in Niedersachsen nur noch Omikron-Infektionen geben. Die Variante habe sich bereits in kürzester Zeit "explosionsartig" vermehrt. In der ersten Dezemberwoche des Jahres 2021 habe der Anteil der Omikron-Variante nur 2,2 Prozent des Infektionsgeschehens ausgemacht. In der vergangenen Woche habe der Omikron-Anteil bereits bei 70 Prozent gelegen (vgl. https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Omikron-Anteil-in-Niedersachsen-liegt-bereits-bei-70-Prozent,krisenstab790.html; zuletzt abgerufen am 05.01.2022).

Auch bei Versammlungen ist zwar gem. § 1 Abs. 2 der Nds. Corona-Verordnung der Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten, gleichwohl sind diese aber in aller Regel durch einen dynamischen Ablauf gekennzeichnet, so dass der Mindestabstand nicht konsequent einzuhalten und sicherzustellen ist. Denn nicht nur während der Versammlung kommt es zu Kontakten zwischen den Teilnehmenden, auch vor Beginn und nach dem Ende kommt es teilweise zu Berührungen untereinander, aber auch zu anderen Personen. Insbesondere bei sich fortbewegenden Versammlungen können die Teilnehmenden die zum Infektionsschutz erforderlichen Abstände naturgemäß nicht konsequent einhalten. Aufgrund des individuellen Gehtempos und der Entwicklung des Versammlungsverlaufs kommt es zu Stockungen, Beschleunigungen und Verschiebungen.

Doch auch bei ortsfesten Versammlungen stehen die Teilnehmenden in Kontakt zueinander und bewegen sich in der Menge, so dass die Mindestabstände nicht dauerhaft eingehalten werden können. Hinzu kommt, dass der Zweck der Versammlung, die gemeinsame Meinungskundgabe durch Unterhaltungen und gemeinsames Rufen, ein erhöhtes Risiko für Tröpfcheninfektionen mit sich bringt.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Omikron-Mutante sehr viel ansteckender ist als die bisherigen Virusvarianten, besteht das Risiko, dass sich auf Versammlungen eine erhebliche Anzahl von Personen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 ansteckt und in der Folge das Gesundheitssystem belastet. Auch bei Versammlungen unter freiem Himmel besteht ein Infektionsrisiko, da viele Menschen auf engem Raum aufeinandertreffen und die Mindestabstände nicht einhalten. Dies zeigen auch die Erfahrungen der Versammlungsbehörde in den letzten Wochen.

Ziel der hier verfügten Maßnahme ist es, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit eines und einer jeden die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern bzw. zu verlangsamen und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden.

Die Maskenpflicht ist geeignet, diesen Zweck zu fördern. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum wird vom RKI empfohlen, insbesondere, wenn das Abstandsgebot nicht oder nur schwer eingehalten werden kann (Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 19/2020, 17.05.2020, S. 3 ff. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/ 19 20 pdf? blob=publicationFile; ControlCOVID – Strategie-Ergänzung zur Bewältigung der beginnenden pandemischen Welle durch die SARS-CoV-2-Variante Omikron, Stand 20.12.2021, ; zuletzt abgerufen am 03.01.2022).

FFP2-Masken bieten nach aktuellen Studien einen besonders hohen Schutz, der aufgrund der prognostizierten Entwicklung der Pandemie ergriffen werden soll (Max-Planck-Gesellschaft: So gut schützen Masken, 02.12.2021https://www.mpg.de/17915640/corona-risiko-maske-schutz; zuletzt abgerufen am 03.01.2022).

Die Maskenpflicht ist auch erforderlich. Eine Maßnahme ist erforderlich, wenn es kein milderes, gleich geeignetes Mittel gibt, um das Ziel zu fördern. Ein solches Mittel ist nicht ersichtlich. Zum einen hat die Aufklärung der Polizei vor Ort insbesondere im Hinblick auf Hygieneschutzmaßnahmen bisher zu keiner Verhaltensänderung geführt. Darüber hinaus ist ein Verweis auf die einzuhaltenden Mindestabstände nicht ausreichend. Denn die Einhaltung der Maskenpflicht kann anders als der Mindestabstand während der gesamten Versammlung konsequent eingehalten werden, so dass alle Beteiligten geschützt sind. Gegenüber Verboten von Versammlungen oder Begrenzungen auf ortsfeste Versammlungen stellt die Maskenpflicht das mildeste Mittel dar. Ernsthafte Gesundheitsgefahren sind nach dem Stand der Wissenschaft durch das (kurzzeitige) Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung fernliegend (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09. März 2021
– 13 B 266/21.NE –, Rn. 53 ff., juris).

Schließlich ist die Anordnung einer Maskenpflicht auch angemessen. Der mit ihr erzielte Erfolg steht in Abwägung aller verfassungsrechtlichen Belange nicht außer Verhältnis zu den für die Adressaten verursachten Nachteilen. Die körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG der Versammlungsteilnehmenden, etwaiger Gegendemonstranten, von Passantinnen und Passanten, der eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens wiegen schwerer als die Beschränkung der Versammlungsfreiheit. Auch zum Schutz der Teilnehmerinnen/Teilnehmer, die aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen können, muss es sichergestellt sein, dass für sie ausreichende Schutzvorkehrungen getroffen werden. Eine Einschränkung der Meinungsäußerung geht mit dem Tragen einer Maske nicht einher. Auch während des Tragens einer Schutzmaske können sich die Teilnehmenden untereinander unterhalten und gemeinsam artikulieren. Auch bei Reden schränkt das Tragen der Maske nicht ein. Im Zweifel können Mikrophone oder Megafone eingesetzt werden. Das Interesse der Versammlungsteilnehmer an der Durchführung einer Versammlung ohne Mund-Nasen-Bedeckung tritt hinter die betroffenen schwerwiegenden öffentlichen und privaten Interessen des Gesundheitsschutzes zurück.

Für Kinder und gesundheitlich beeinträchtigte Personen sind Ausnahmen von der Maskenpflicht vorgesehen.

Zudem ist diese Maßnahme inhaltlich und zeitlich beschränkt. Es findet eine fortlaufende Überprüfung des dynamischen Infektionsgeschehens statt, um diese Allgemeinverfügung bei gesichert rückläufigem Infektionsgeschehen unverzüglich aufzuheben.

Die Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 S. 4 VwVfG einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekanntgegeben.

Die Allgemeinverfügung tritt mit ihrer Aufhebung, jedoch spätestens mit Ablauf des 15. Januar 2022 außer Kraft. Eine Aufhebung vor diesem Zeitpunkt oder eine Verlängerung der Allgemeinverfügung ist aufgrund es jeweils aktuellen Infektionsgeschehens möglich.


2. Zu Ziff. 2:

Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der vorstehend genannten und erläuterten Verfügung ist erforderlich, weil eine Klage gegen diese Verfügung gemäß § 80 VwGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung hätte, sodass im Falle der Klageerhebung insbesondere nicht angezeigte Versammlungen dennoch ohne die verfügten Beschränkungen durchgeführt werden könnten. Das aber würde zu der unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit führen, die vorstehend dargelegt worden ist. Nur durch die sofortige Vollziehbarkeit dieser Verfügung ist gesichert, dass die zu erwartende Störung für die öffentliche Sicherheit abgewehrt werden kann.

II. Bekanntmachungshinweise

Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekanntgegeben und tritt am 06. Januar 2022 in Kraft.

III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstraße 15, 30175 Hannover, erhoben werden.

Stadthagen, den 05.01.2022

Landkreis Schaumburg
Der Landrat
In Vertretung


Klaus Heimann