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02.04.2020

Fortschreibung der Allgemeinverfügung zur Ausweitung kontaktreduzierender Maßnahmen; hier Maßnahmen für Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen etc. vom 31.03.2020

  • Aufnahmestopp für Heime nach § 2 Abs. 2 Niedersächsisches Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG);
  • Aufnahmestopp und Ausweitung kontaktreduzierender Maßnahmen für ambulant betreute Wohngemeinschaften und besondere Formen des betreuten Wohnens gem. § 2 Abs. 3 und § 2 Abs. 4 (NuWG) sowie für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen;
  • Notbetreuung bei Einstellung des Betriebs von Einrichtungen der Tagespflege i. S. v. § 2 Abs. 7 NuWG

Fortschreibung der Allgemeinverfügung des Landkreises Schaumburg vom 18.03.2020 zur Ausweitung kontaktreduzierender Maßnahmen für Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Heime für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen nach § 2 Abs. 2 Nds. Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG); Einstellung des Betriebs von Einrichtungen der Tagespflege im Sinne von § 2 Abs. 7 NuWG


In Fortschreibung der Allgemeinverfügung des Landkreises Schaumburg vom 18.03.2020 zur Ausweitung kontaktreduzierender Maßnahmen für Krankenhäuser und andere Einrichtungen wird gemäß § 28 Absatz 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz folgende Allgemeinverfügung erlassen:

1. Die Aufnahme von neuen Bewohnerinnen und Bewohnern wird untersagt für:

  • Heime für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Abs. 2 NuWG,
  • ambulant betreute Wohngemeinschaften und besondere Formen des betreuten Wohnens gem. § 2 Abs. 3 und § 2 Abs. 4 NuWG sowie
  • ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen,

Neue Bewohnerin oder neue Bewohner im Sinne dieser Vorschrift ist, wer seinen Aufenthalt in einer der oben genannten Einrichtungen durch vertraglichen Abschluss begründet.

Ausgenommen von diesem Aufnahmestopp sind Einrichtungen, in denen gewährleistet ist, dass neu aufzunehmende Bewohnerinnen und Bewohner für einen Zeitraum von 14 Tagen separiert von den übrigen Bewohnern und Bewohnerinnen in Quarantäne untergebracht werden.

Darüber hinaus ist die Aufnahme von aus dem Krankenhaus zu entlassenden Patientinnen und Patienten in solitären Kurzzeitpflege- oder Reha-Einrichtungen, die gezielt für diese Funktion hergerichtet und zur Kurzzeitpflege ermächtigt wurden (vgl. auch § 149 SGB XI), zulässig.

Weitere Ausnahmen können im Einzelfall in Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt zugelassen werden.


2. In ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 NuWG und in Formen des betreuten Wohnens nach § 2 Abs. 4 NuWG gilt ein generelles Besuchs- bzw. Betretungsverbot.

Davon ausgenommen sind:

  • Nahestehende Personen von palliativmedizinisch versorgten Bewohnerinnen und Bewohnern sind von diesem Besuchs- bzw. Betretungsverbot ausgenommen.
  • Ausnahmen können zudem im Einzelfall für Seelsorger, Geistliche oder Urkundspersonen zugelassen werden.
  • Die behandelnden Ärzte und die zur Pflege bestimmten Personen haben freien Zutritt.
  • Die zur Pflege bestimmten Angehörigen der Pflegeberufe und der Gesundheitsfachberufe (u. a. Physiotherapeut/-in, Ergotherapeut/-in, Podologe/Podologin, Logopädin/Logopäde, Diätassistent/-in) sind bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27.03.2020 (Nds. GVBl. S. 48) von dem Besuchs- bzw. Betretungsverbot ausgenommen.
  • Bestatter und Handwerker, deren Leistungen nicht aufgeschoben werden können, haben im Ein-zelfall ebenfalls Zutritt.
  • Freien Zutritt haben bei den ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 NuWG die Dienstleister, von denen aufgrund einer mit dem Mietverhältnis verbundenen vertraglichen Verpflichtung entgeltliche ambulante Pflege- oder Betreuungsdienstleistungen in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft in Anspruch genommen werden.
  • Freien Zutritt haben bei den Formen des betreuten Wohnens nach § 2 Abs. 4 NuWG die Dienstleister, von denen aufgrund einer mit dem Mietverhältnis verbundenen vertraglichen Verpflichtung Leistungen in Anspruch genommen werden, die über allgemeine Unterstützungsleistungen (z. B. Notrufdienste, Informations- und Beratungsleistungen oder die Vermittlung von Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung, Pflege- oder Betreuungsleistungen) hinausgehen.
  • Für die ambulant betreuten Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, gelten die vorstehenden Ausnahmebestimmungen bezüglich der ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 NuWG entsprechend.

In allen Fällen sind beim Betreten der Einrichtung immer die notwendigen Hygienemaßnahmen zu beachten.


3. Der Betrieb für alle Einrichtungen der Tagespflege nach § 2 Abs. 7 NuWG ist weiterhin untersagt. Die Regelungen zur Notbetreuung werden wie folgt ergänzt:

Im Einzelfall dürfen auch diejenigen Nutzerinnen und Nutzer der Tagespflegeeinrichtungen in die Notbetreuung aufgenommen werden,

  • für die eine fehlende Betreuung in der Tagespflege aufgrund eines besonders hohen Pflege- oder Betreuungsaufwandes eine gesundheitliche Schädigung zur Folge hätte oder
  • die einer ärztlich verordneten Behandlungspflege bedürfen, die nicht durch pflegende Angehörige oder den ambulanten Pflegedienst sichergestellt werden kann.


4. Diese Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer ortsüblichen Bekanntmachung bis einschließlich Sonnabend, den 18. April 2020. Eine Verlängerung ist möglich.

5. Auf die mögliche Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen die in dieser Allgemeinverfügung enthaltenen Anordnungen gemäß § 75 Absatz 1 Nr. 1; Absatz 3 IfSG wird hingewiesen.

6. Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar.

Im Übrigen behält die Allgemeinverfügung des Landkreises Schaumburg zur Ausweitung kontaktreduzierender Maßnahmen für Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Heime für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen nach § 2 Abs. 2 Nds. Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG), Einstellung des Betriebs von Einrichtungen der Tagespflege im Sinne von § 2 Abs. 7 NuWG vom 18.03.2020 weiterhin Geltung. 


Hinweise

  • Die Betreiberinnen und Betreiber werden aufgefordert, die Bewohnerinnen und Bewohner anzuhalten, die Einrichtungen und das dazugehörige Außengelände nicht zu verlassen.
  • Die Betreiberinnen und Betreiber der o. g. Einrichtungen werden auf die Einhaltung der Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA-250) hingewiesen, soweit dies angesichts der derzeit eingeschränkten Versorgungslage praktisch umsetzbar ist. Insbesondere soll durch Verwendung von geeignetem Mund-Nase-Schutz (FFP2, wenn nicht vorhanden, subsidiär auch nicht nach FFP2 qualifizierter MNS) dem Eigenschutz des Personals und dem Schutz der Bewohner Sorge getragen werden.


I. Begründung

Die Regelungen dieser Allgemeinverfügung beruhen auf einer fachaufsichtlichen Weisung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 30.03.2020 (Az.:401.41609-11-3) unter Bezugnahme auf den Runderlass gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1, Satz 3 NGöGD des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 16.03.2020 (Az. 401.41609-11-3).

Zu 1. und 2.
Rechtsgrundlage für die zu treffenden Maßnahmen ist § 28 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Nach Satz 1 hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Nach Satz 2 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen (u. a. Heime) oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.

Erkenntnisse aus anderen Ländern sowie aus Niedersachsen belegen die sehr hohe Dynamik des Infektionsgeschehens. Vor dem Hintergrund der sehr dynamischen Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus und Erkrankungen an COVID-19 müssen unverzüglich weitere umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Das Ziel, die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 zu verlang-samen, ist dringend erforderlich.

Die Notwendigkeit, Ansteckungsketten effektiv zu unterbrechen, besteht insbesondere auch für Einrichtungen, in denen Menschen leben und versorgt werden, für die durch Alter, Vorerkrankung oder Behinderung ein besonderes Risiko durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 besteht.

Vor dem Hintergrund, dass es trotz bestehender Betretungs- und Besuchsverbote zu Coronainfektionen in Heimen gekommen ist, bedarf es eines befristeten Aufnahmestopps in diesen Einrichtungen sowie bei den o. g. besonderen Wohnformen, um das Risiko eines Viruseintrags durch neue Bewohnerinnen und Bewohner zu minimieren.

In ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 NuWG leben in der Regel ausschließ-lich Menschen, die zu den bekannten Risikogruppen zählen, in einer Haushaltsgemeinschaft zu-sammen. Es ist daher geboten, die Anzahl der Kontakte mit Außenstehenden für die Bewohnerinnen und Bewohner zu begrenzen, denn mit jedem Besuch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Coronavirus in der ambulanten betreuten Wohngemeinschaft verbreitet. Besonders schutzbedürftig sind auch ambulant betreute Wohngemeinschaften gem. § 2 Abs. 3 NuWG, in denen z. B. schwersterkrankte Erwachsene trotz Beatmungs- und Überwachungspflicht in einer Wohngemein-schaft für außerklinische Intensivpflege zusammen leben.

Für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Gel-tungsbereich des NuWG fallen, ist es ebenfalls geboten, die Anzahl der außenstehenden Kontaktpersonen auf ein Minimum zu reduzieren. Zur Intensivpflege gehört insbesondere die Beatmungspflege. Die in einer außerklinischen Intensivpflege-Wohngemeinschaft lebenden Personen, die ambulant betreut werden, gehören mithin aufgrund ihrer Vorerkrankungen zu den Personen, die von schweren Krankheitsverläufen betroffen sind und an der Krankheit versterben können.

Auch in Formen des betreuten Wohnens gem. § 2 Abs. 4 NuWG leben Menschen, die aufgrund des Alters, Vorerkrankungen und Behinderungen ein besonderes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben, zusammen. Eine Reduzierung sozialer Kontakte zu Außenstehenden durch ein Besuchs- und Betretungsverbot kann daher auch dort aktuell dazu beitragen, Neuerkrankungen zu verhindern und die Bewohnerinnen und Bewohner vor Corona-Infektionen zu schützen.

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der vorgesehenen Ausnahmen ist auch das Besuchs- und Betretungsverbot eine weitere wirksame und verhältnismäßige Maßnahme, um eine Infektion durch soziale Nahkontakte zu verhindern und einen möglichen Viruseintrag durch Dritte zu verhindern.

Die umzusetzenden Maßnahmen sind nach fachlicher Risikobewertung zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zwingend erforderlich und in diesem Stadium noch erfolgversprechend möglich.

Zu 3.

In Fortschreibung der Ziff. 3 der Allgemeinverfügung des Landkreises Schaumburg zur Ausweitung kontaktreduzierender Maßnahmen für Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Heime für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen nach § 2 Abs. 2 Nds. Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG), Einstellung des Betriebs von Einrichtungen der Tagespflege im Sinne von § 2 Abs. 7 NuWG vom 18.03.2020, wird die Notbetreuung in Einrichtungen der Tagespflege gem. § 2 Abs. 7 NuWG ausgeweitet.

Seit der Schließung dieser o.g. Einrichtungen hat sich ergeben, dass ein entsprechender Bedarf besteht, wodurch eine bedarfsgerechte Erweiterung erforderlich und verhältnismäßig ist.


Die zeitliche Befristung dieser Allgemeinverfügung erfolgt aufgrund der derzeitigen Einschätzung zur weiteren Ausbreitung des Infektionsgeschehens.

Die Allgemeinverfügung findet ihre Grundlage in § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG. Zuwiderhandlungen sind daher strafbar nach § 75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 IfSG.

Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Eine Klage gegen Maßnahmen hat keine aufschiebende Wirkung.


II. Bekanntmachungshinweise

Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG i.V.m. §1 NVwVfG).


III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstraße 15, 30175 Hannover, erhoben werden.

Stadthagen, den 31.03.2020

Landkreis Schaumburg
Der Landrat
In Vertretung


Klaus Heimann